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Mirjam

Jetzt sind unsere Früchte reif! Wir haben in unserem Garten verschiedenste Obstbäume: Von gelben Pflaumen, über rote Pflaumen, von Zwetschgen über Birnen und Äpfel. Ein wahrer Fruchtsegen!

Dieses Jahr ist ein gutes Fruchtjahr. Der Pflaumenbaum trug so schwer, dass wir ihm Stützen unterstellen mussten, damit er nicht unter der schweren Last der Früchte zerbrach. Ein Ast brach trotzdem ab. Wir können nun ernten und es reicht nicht nur für uns sondern auch für Nachbarn, Freunde und Familie. Es ist genug da. Ich selbst musste nichts dazu beitragen, dass die Früchte gereift und gewachsen sind. Es geschah einfach. Dazu brauchte es Licht, Wasser und vor allem Zeit. Einen Sommer lang konnten die Früchte heranreifen. Ganz langsam, lange auch unbemerkt für mich. Sie wuchsen einfach stetig. Für mich ist dies ein kleines Wunder. Beim Verarbeiten der Äpfel zu Apfelringen oder Apfelmus hing ich meinen Gedanken nach.

Eine Frucht reift ohne menschliches Zutun. Alles was sie werden soll ist in ihr angelegt. Dann braucht es einfach nur noch Wachstum.

Noch nie habe ich mich gefragt, ob wohl am Birnenbaum dann tatsächlich auch Birnen wachsen. Noch nie habe ich ängstlich auf die kleine grüne Birne geschaut und mich gefragt, ob wohl daraus tatsächlich mal eine reife Birne wird. Ich hatte auch noch nie das Bedürfnis, etwas zu tun, um die Birne schon im Frühling ernten zu können. Alles hat seine Zeit. Ich nehme dieses Bild mit in meinen Alltag mit unseren Kindern. Dort ist es anders. Manchmal möchte ich gerne vor der Zeit ernten. Möchte viel zu früh die Früchte unserer Erziehung sehen. Dann wünsche ich mir, dass die Früchte schneller wachsen. Doch mehr und mehr wird mir bewusst, dass Erziehung ein Langzeitprojekt ist. Ein stetiges Dranbleiben mit unseren Kindern. Ein Wiederholen und vor allem vorleben von Dingen, die uns als Eltern wichtig sind. Ich möchte auch bei meinen Kindern darauf vertrauen, dass die Frucht kommt. Denn ich glaube, dass Kinder automatisch nachahmen werden. Laut aktuellstem Wissen in der Hirnforschung ist das kindliche Hirn noch sehr unreif und braucht einen natürlichen Zeitraum, um zu reifen. Erst mit ca. 7 Jahren kann ein Kind sich zum Beispiel in einen anderen Menschen hineinversetzen. Sich selbst und seine Gefühle, aber auch die Position des anderen wahrzunehmen ist sehr komplexes Denken. Deshalb möchte ich lernen, nicht schnelle, oberflächliche Frucht durch gutes Verhalten zu erwarten. Ich möchte die innere Reife meiner Kinder. Diese braucht Zeit. Auf diesem Weg möchte ich unsere Kinder begleiten. Ich will sie unterstützen im Umgang mit ihren Emotionen oder mit Situationen, die nicht so kommen, wie sie sich wünschen.

Ich will neu vertrauensvoll in die Zukunft schauen. Tief in mir habe ich das Wissen, dass die Frucht kommt. Zu ihrer Zeit.

Dies gibt mir eine neue Entspanntheit im Heute, dass sich meine Investition im Morgen lohnen wird.

Schlussendlich brachten mich meine Gedanken auch zu meinem Vater im Himmel. Auch ich bin nämlich dieses unreife Kind von ihm, das durch seine Beständigkeit und seine Treue, sein An-mich-glauben und An-mir-festhalten, komme was da wolle, immer mehr und mehr zur Reife gelangen kann. Eine Reife, die zu einer wirklichen Verhaltensänderung führt, die aus tiefstem Herzen kommt und nicht nur oberflächlich ist. Die Fähigkeit zur Reife ist auch in mir angelegt, sozusagen in meiner DNA. Ganz neu bin ich begeistert darüber, dass mein himmlischer Vater voller Gelassenheit und Vertrauen auf mich schaut.

Er hat kein Problem damit, dass ich manchmal noch unreif reagiere, er hat kein Problem mit meinen Stolpersteinen. Denn er sieht schon die reife, fertige Frucht.

Er hat Zeit. Er gibt mit Zeit, um zu wachsen. Nichts muss sich von heute auf morgen ändern. Er ist und bleibt mit mir auf dem Weg und in seiner Gegenwart darf ich reifen. Ohne Anstrengung und ohne Druck, einfach nur indem ich mit ihm zusammen bin. Dann sehe ich nämlich, wie er denkt und handelt, und mehr und mehr ahme auch ich meinen Papa im Himmel nach und denke und handle so wie er. Dies entspannt meine Beziehung zu ihm so sehr. Diese Erkenntnis hat mich ihm so viel näher gebracht.

Ich bin mit ihm auf dem Weg, er hat Zeit und er sieht schon alles Gute in mir. Er hat das Ende im Blick. Ganz neu kann ich nun ruhen in der Beziehung zu ihm.

Beim Nachdenken über dieses Reif werden, das ganz ohne Druck geschieht stiess ich in den letzten Tagen auf einen Vers, den ich so passend finde und nun noch viel besser verstehe: „Wir bitten Gott, dass er euch durch seinen Geist alle nötige Weisheit und Einsicht schenkt, um seinen Willen in vollem Umfang zu erkennen. Dann könnt ihr ein Leben führen, durch das der Herr geehrt wird und das ihm in jeder Hinsicht gefällt. Ihr werdet imstande sein, stets das zu tun, was gut und richtig ist, sodass euer Leben Früchte tragen wird, und werdet Gott immer besser kennen lernen.“ (Kolosser 1,9-10).

Auf die reifen Früchte! In unserem Garten, bei unseren Kindern und auch bei uns selbst!