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Ich bin Lea und wohnte mit meinen Schwestern und Brüdern in Haran. Das ist ein Dorf in der Türkei, an der Grenze zu Syrien. Wir haben viele Viehherden und suchen immer wieder Weideflächen in der trockenen Gegend, um die Tiere fressen zu lassen. Damit die Tiere trinken können, müssen wir sie regelmässig zu den Brunnen führen, es hat keine Flüsse oder Seen hier. Wir sind gut darin, Hirten zu sein, wir haben viel Besitz.

Ich will euch meine Geschichte erzählen. Denn eines Tages ist etwas super Aufregendes passiert: Aus dem Nichts ist ein gewisser Jakob aufgetaucht. Stellt euch vor: Er hat seinen älteren Bruder um das Erbe betrogen! Das muss man sich mal getrauen, ich meine, jedem ist klar, was dem Erstgeborenen zusteht, und das stellt auch niemand in Frage! Nun hat also dieser Jakob seinen fast blinden Vater mit einer List getäuscht, er hat sich als seinen eigenen Bruder ausgegeben, mit Verkleidung und allem. Sein Vater ist darauf hereingefallen und hat ihn gesegnet! Wenn ich Jakob richtig verstehe, so war es sogar die Idee seiner Mutter. Also, dieser Typ steht eines Tages einfach an unserem Brunnen, weil er Angst vor seinem Bruder hat und geflüchtet ist.

Na ja, weil er ein Verwandter ist, hat mein Vater Laban ihn aufgenommen. Die Gastfreundschaft ist meinem Volk sehr wichtig, man nimmt Reisende mit offenen Armen auf. Doch dieser Draufgänger Jakob hat sich dann in Rahel, meine Schwester verliebt und wollte sie auch gleich heiraten. Zum Glück hat sich da mein Vater etwas Zeit ausgehandelt, sieben Jahre. Jakob musste in dieser Zeit für ihn arbeiten. Ihr müsst wissen, ich war noch nicht verheiratet, und ich bin die Ältere. So hatte ich Zeit, einen Mann zu finden. Das ginge gar nicht, dass Rahel vor mir verheiratet wird. Auch wenn sie die Hübschere ist, so gibt es doch Regeln.

Ich mag sie, Rahel. Sie ist eine gute Hirtin!

Leider habe ich in den Jahren keinen Mann gefunden und ich wurde auch langsam alt. So hat mein Vater nach Ablauf der sieben Jahre entschieden, Jakob zu betrügen. Diese Ironie! Der Betrüger Jakob wurde betrogen. Nur leider spielte auch ich eine Rolle in diesem Plan. Laban hat das Hochzeitsfest vorbereiten lassen. Ich musste mich als Rahel ausgeben und Jakob heiraten. Ich war unglaublich traurig. Doch ich glaube, die Liebe kann mit der Zeit entstehen, wenn man dann zusammen ist. Am meisten Angst hatte ich vor dem Moment, wenn Jakob herausfindet, dass ich nicht Rahel bin. Jakob war in der Hochzeitsnacht mit mir zusammen, es war schön. Ich war nicht sicher, ob er mich als Lea erkannt hat oder nicht.

Ich hatte wirklich Hoffnung, dass wir uns mit der Zeit lieben würden. Ich weiss, unser Gott ist gut, und er wird es richten. Er hat einen Plan, auch in dieser unmöglichen Situation. Jakob hatte am nächsten Morgen die Gewissheit, dass ich gar nicht Rahel bin. Da riss er einen riesigen Streit vom Zaun mit Laban! Mein Vater hat dann entschieden, das Jakob mit mir die Hochzeitswoche beenden muss und dann direkt im Anschluss – für weitere sieben Jahre Arbeit – auch Rahel heiraten darf! Ich hätte nicht gedacht, dass es noch schlimmer kommen kann.

Eine Woche hatte ich also meinen Mann für mich allein, danach musste ich ihn teilen.

Die Zeit verging und ich merkte, dass sich meine Gefühle gegen Rahel verändert haben. Ich war unglaublich eifersüchtig. Jakob hat sie immer bevorzugt. Ich fühlte mich ungesehen und verschmäht. Dann wurde ich schwanger! Unser Gott hat mein Elend gesehen, und mir einen Sohn geschenkt! Ich nannte ihn Ruben. Das bedeutet «seht, ein Sohn!» Ich hoffte so sehr, dass Jakob mich nun endlich mehr beachten würde, schliesslich hatte ich ihm seinen ersten Sohn geschenkt.

Es blieb nicht bei dem ersten Kind. Unseren zweiten Sohn habe ich Simeon genannt, das bedeutet «Erhörung». Unser Gott hat mein Elend gehört und mir weitere Kinder geschenkt. Dafür bin ich unglaublich dankbar! Den dritten Sohn nannte ich Levi, das bedeutet «Anhänglichkeit». Ich hoffte immer noch, dass Jakob sich eines Tages mehr mir zuwenden würde. Dass er anhänglicher würde.

Gleichzeitig wollte ich mich an Gott hängen! An unserem Gott festhalten!

Ich musste lernen, dass Gott eigene Pläne hat und dass es manchmal nicht dieselben sind, die ich habe. Je mehr ich meine Situation akzeptiert habe und dankbar auf das Gute in meinem Leben schauen konnte, desto mehr hat sich auch mein Herz verändert. Ja, ich war eifersüchtig auf Rahel. Manchmal hatte ich kaum mehr Liebe im Herzen für meine Schwester. Ich begann aber auch, meinen Fokus anders zu setzen. Ich erkannte, dass Jakob ein guter Ehemann ist. Er ehrt mich, er respektiert mich, er versorgt mich. Er kann auch nichts dafür, dass mein Vater ihn betrogen hat. Auch er muss sich mit der Situation arrangieren. Er liebt unsere Kinder. Und ich glaube, er hat mich auch gern. Halt nicht so wie Rahel, jedenfalls aber hat er mich auch nicht verlassen. Es liegt ihm etwas an mir. Auch meine Schwester hat sich das ganze nicht so vorgestellt. Ich fand auch wieder zurück zu einer ehrlichen Liebe und Zuneigung für sie, schliesslich ist und bliebt sie meine kleine Schwester.

Ich dachte in dieser Zeit immer wieder an unseren Grossvater Abraham.

Er hatte mit Sara nur einen einzigen Sohn, Isaak. Das ist ungewöhnlich, nur ein einziges Kind zu haben mit einer Frau. Mein Grossvater hatte zwar weitere Kinder. Nachdem meine Grossmutter gestorben war, hatte er noch einmal geheiratet. Doch Gott hatte ihm und Sara eine Verheissung gegeben, dass aus Isaak ein grosses Volk und viele Nachkommen entstehen würden.

Abraham hat Gott vertraut, er hat seine anderen Kinder alle weggeschickt mit Geschenken und Isaak schliesslich all sein Vermögen vermacht. Seinen ganzen Besitz! Ich meine, was hätte Isaak noch alles zustossen können? Das war ja schlussendlich auch ein Risiko, alles auf den einen zu setzen. Doch Abraham war sicher, dass Gott seine Zusage halten würde. Isaak wiederum hatte zwei Söhne, Jakob und Esau. Mit diesem Jakob bin ich jetzt verheiratet! Das heisst, meine Söhne und Töchter sind Teil dieses wunderbaren Volkes, das Gott verheissen hat! Meine Kinder, die mir alles bedeuten!

Auch ich will Gott vertrauen. Am liebsten möchte ich manchmal wissen, was denn genau aus meinen Kindern werden wird. Vielleicht erfahre ich es eines Tages?

Ich weiss nun, dass Gott einen Plan mit mir hat. Ich durfte Kinder haben, eine grosse Familie. Ich vertraue Gott immer mehr. Meinen vierten und letzten Sohn nannte ich Juda, um Gott zu ehren. Juda bedeutet «Lobpreis».

 

Redaktorin: Manuela

Die Geschichte kannst du in der Bibel nachlesen. Sie steht in 1. Mose, Kapitel 29-31