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Martina

Ich bin wirklich eine reich beschenkte Frau. Auf meinem Lebensweg darf ich immer wieder kleine und grosse Wunder ausmachen und bin unglaublich dankbar für alles, was ich bereits erleben durfte. Nicht alles ist eitel Sonnenschein, das ist klar, aber das Gute überwiegt und ich geniesse mein volles Bündel Leben, das ich in den Händen halte.

Aber lassen wir uns vorne beginnen. Meine Eltern führten einen Gutsbetrieb im Kanton Luzern. Urplötzlich änderte sich die ganze Situation weil der ganze Stall durch einen Brand zerstört wurde. Meine Eltern brauchten auf einen Schlag eine neue Existenz. So dass wir ein Jahr nach dem Brand auf der Oschwand ein neues Zuhause auf einem Pachtbetrieb fanden. Ich war damals knappe sieben Jahre alt.

Meine ganze Familie wurde auf der Oschwand schnell herzlich aufgenommen. Ich besuchte den einzigen Verein im Dorf, den Posaunenchor. Erst mit der Zeit merkte ich, dass dieser Verein christlich geführt ist. Wir hörten jeweils vor dem Proben einen kurzen Input und haben gebetet. Dabei lernte ich einen anderen Gott kennen, als ich mir von meinem katholischen Hintergrund her gewöhnt war. Dieser Gott hier erschien mir weniger verurteilend, vielmehr liebend.

 

Die Entscheidung, nein zu sagen zur Angst, ist immer noch notwendig.

 

Der Brand unseres Bauernhofes blieb nicht ohne Folgen. Ich hatte ständig Angst, dass Zuhause etwas Schlimmes passieren könnte, wenn ich weg war. Bis heute spüre ich diese Angst immer wieder. Ich stehe zwar an einem ganz anderen Punkt, habe eine eigene Familie mit drei wunderbaren Kindern, aber die Entscheidung, nein zu sagen zur Angst, ist immer noch notwendig. Wenn meine Kinder bei meinen Eltern auf dem Bauernhof sind während ich arbeite, kommt immer wieder die diffuse Angst: «Es könnte was passieren». Ich weiss aber auch, dass es von mir diese Entscheidung im Kopf braucht, und die treffe ich regelmässig. Ich beziehe Gott mit ein, spreche aus, dass er zu meinen Kindern schaut und dass ich ihm vertraue. So passieren zwei Dinge: Ich werde abhängiger von Gott und freier von meinen Ängsten, und durch meine Entscheidungen fühle ich mich immer wie ein kleiner Sieger über die Angst.

 

So passieren zwei Dinge: Ich werde abhängiger von Gott und freier von meinen Ängsten.

 

Aber wir waren ja eigentlich noch in meiner tiefsten Jugendzeit. Ich besuchte weiterhin regelmässig den Posaunenchor. Meinen Mann William habe ich damals ebenfalls im Musikverein kennengelernt. Wir sassen glaubensmässig absolut im gleichen Boot: Beide glaubten an Gott, hatten aber unsere Leben nicht darauf aufgebaut. Wir spürten aber den Hunger nach mehr. Zusammen machten wir uns auf eine Reise. Wir lasen Bücher, suchten Gott, beteten zusammen und suchten uns eine Kirche, in der wir uns wohlfühlen. Schritt für Schritt wurde der Glaube zu einem tragenden Fundament.

 

Ja, wir schwelgen im Glück.

 

Meinen Mann William habe ich dann im 2014 geheiratet. Zwei Jahre später kam unser Sohn Phil zur Welt. Im Frühling 2018 dann unsere Tochter Joy. Unendliches Glück. Wir waren so dankbar. Für uns war klar, dass wir noch ein weiteres Kind möchten, aber am liebsten erst ein paar Jahre später. Ich hatte aber das Gefühl, wir sollten den Zeitpunkt loslassen und uns Gottes Zeitplan anvertrauen. Genau einen Monat später war ich schwanger und Ende 2019 durften wir dann unsere Tochter Lynn in die Arme schliessen. Es ist ein riesiges Geschenk. Ja, wir schwelgen im Glück. Ich fühle mich so privilegiert, gesegnet und sage mir immer wieder, dass ich diese Dankbarkeit nie verlieren möchte. Aber ich weiss auch, wer die Quelle meines Glückes ist. Das habe ich in intensiven Prozessen gelernt. Kürzlich konnte ich das in einem Gespräch mit meinem Mann auf den Punkt bringen: «Meine Tankstelle fürs Glücklichsein ist Gott. Das, was ich im Leben habe, dich, meine Kinder, das ist alles Supplement, das nehme ich sehr gerne, aber es ist nicht die Quelle meines Glücks.»

 

Ich bete um Weisheit, frage, was meine Kinder brauchen, was ich brauche und spüre, wie sich die Atmosphäre merklich verändert.

 

Da finde ich mich nun also wieder. Als glückliche Mutter von drei Kindern, als Ehefrau, als Martina. Das ist volles Leben. Es läuft unglaublich viel, ich lerne auf verschiedenen Ebenen. Bei mir werden Ecken und Kanten geschliffen, ich wachse im Loslassen und Abgeben. Auch Zeit bekommt einen anderen Stellenwert. Ich muss viel eher Prioritäten setzen und entscheiden, was mein Fokus ist. Ich weiss, dass mir Zeit mit Gott guttut, ich bete um Weisheit, frage, was meine Kinder brauchen, was ich brauche und spüre, wie sich die Atmosphäre merklich verändert.

Ich lerne aber auch extrem viel von meinen Kindern und davon, wie sie die Welt wahrnehmen. Wenn ich schnell aus dem Haus gehen will, meine Tochter aber noch ein Blatt am Boden bestaunt, will ich mich dazu entscheiden, das auch zu sehen und mein Tempo zu drosseln. Oder mein Sohn sorgt immer wieder für herzhaftes Gelächter. Er zeigt mir eine andere Seite des Lebens, eine unbeschwerte, fröhliche. Ich geniesse diese Momente. Mit der Geburt unseres dritten Kindes wird mir wieder ganz neu bewusst, was für ein Wunder dieses neue Leben doch ist. Etwas vom Schönsten ist für mich, zu sehen, welch ein Vertrauen die Kinder uns Eltern gegenüber haben.Wie sie beispielsweise am Abend im Bett vertrauensvoll einschlafen können und wissen, dass sie geborgen sind. Dieses Bild nehme ich auch für mich mit. Ich weiss, dass mein Leben in Gott geborgen ist, dass er alles im Griff hat und dass noch so viel Segen auf uns wartet. Darauf freue ich mich!