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Michaela

Ich bin Michaela, 36 Jahre alt und ich bin seit zehneinhalb Jahren mit meinem Mann Matthias verheiratet. Wir haben drei Kinder: Elia, sechs Jahre, Janna, vier Jahre und Simea, anderthalb Jahre. 

Meine Geschichte begann vor mehr als zehn Jahren. Ich hatte ganz plötzlich massive Bauchkrämpfe. Darauf folgten schmerzende Gelenkentzündungen der Beine, Zehen und dem Rücken. Da die Gelenkentzündungen so stark waren, dass ich nicht mehr gehen konnte, wurden mir von den Rheumatologen starke Medikamente verschrieben.

Dank diesen Medikamenten verschwanden meine Gelenkentzündungen. Jedoch folgten darauf rasch verschiedene Symptome: quasi täglicher Druck im Kopf, Grippesymptome, starkes Unwohlsein von früh bis spät, und in der Nacht konnte ich kaum mehr schlafen. Im Schnitt an einen Tag pro Woche war ich befreit von jeglichem Schmerz und Unwohlsein, der Rest der Woche war die letzten Jahre über einfach nur Horror. In all den Jahren war ich bei x- verschiedenen Ärzten. Niemand konnte mir eine Diagnose stellen. Niemand konnte mir helfen. Niemand konnte mir ein Medikament verschreiben, das mir meine unangenehmen Symptome nahm und mir dadurch den Alltag auch nur ein bisschen erleichtern konnte. Ich besuchte verschiedene Therapien, nichts half mir. Immer wieder sagte ich zu mir: «Ich muss wahrscheinlich so leben, das ist mein Leben, wohl oder übel.»

Trotz all diesen Umständen entschieden wir uns für Kinder. Es war unser grösster Wunsch, Kinder zu bekommen. Ich war Gott so extrem dankbar, dass wir schwanger wurden. Ich mit meinem kaputten Körper konnte schwanger werden! Alles funktionierte problemlos, die Schwangerschaft, die Geburt wie auch die Stillzeit, alles funktionierte einfach. Ich fragte mich:

«Ist mein Körper vielleicht doch nicht so kaputt, wie ich immer denke?»

Ich ging von folgendem Grundsatz aus: Wenn mein Körper schwanger werden kann, dann werden wir dies als Ehepaar und als Familie auch schaffen. Dann wird uns Gott die nötige Kraft schenken.

Im Jahr 2016, als unser Sohn Elia sechs Monate alt war, hatte ich einen Unfall wobei ich mir einen Rückenwirbel brach. Ich musste operiert werden und wir waren einige Wochen auf Unterstützung angewiesen. Dieses Ereignis raubte zwar Kräfte, es kam jedoch alles sehr gut. Kurz darauf wurde ich mit unserem zweiten Kind schwanger. Die Symptome blieben. Als Janna knapp zwei Jahre alt war, verspürten wir den Wunsch nach einem dritten Kind. Ich traute mich kaum, diesen Wunsch in unserer Situation laut auszusprechen. Ich musste an unser Umfeld denken, was die wohl über mich und über uns denken würden, wenn wir uns in unserer schwierigen Situation für ein drittes Kind entscheiden. Matthias und ich hatten jedoch ein klares Ja, und wir hielten an folgender Zusage fest:

«Macht euch keine Sorgen, Gott schaut zu euch, er kümmert sich um euch!»

Als ich erneut schwanger war, starb mein Schwiegervater mit 66 Jahren und wir litten alle sehr unter diesem Schmerz und Verlust. Simea, unser drittes Wunschkind, kam inmitten unseres Trauerprozesses zur Welt. Es war trotz allem ein sehr freudiges Ereignis. Ich war aber immer noch krank. Jahre vom Durchhalten, von Schmerzen und Verzweiflung zehrten an mir, an ein „normales Leben“ war nicht zu denken.

Für mich gab es in dieser ganzen Zeit immer nur den Weg mit Gott, nichts anderes. Dies gab mir die Kraft, weiterzugehen. Auch hoffte ich jeden Tag, dass Gott mich heilen würde, dieser Glaube half mir, nahe bei Gott zu sein und zu bleiben.

Als Simea ein Jahr alt wurde, entschied ich mich, ambulant in ein Schmerzzentrum zu gehen. Die Ärzte dort behandeln Schmerzpatienten, ohne den Ursprung der Schmerzen zu kennen. Nach so vielen Jahren hatte ich keine Energie mehr, irgendwelche weiteren Abklärungen zu machen. Ich wollte einfach nur, dass die Symptome gelindert werden können. Ich erinnere mich noch gut an den Moment, als die Ärztin zu mir ins Zimmer kam und sagte, dass sie gerne noch ein MRI von meinem Kopf machen wolle. Sie sehe, dass in all diesen Jahren kein einziges MRI gemacht worden sei. Ich dachte bei mir: „Jetzt, da ich mich entschieden habe, nichts mehr abzuklären, soll ein MRI gemacht werden? Wieder eine Abklärung, die mir nicht weiterhilft! Wieder keine Linderung meiner Symptome.“

Ich ging jedoch trotz meiner Skepsis zum MRI, welches im September 2021 stattfand. Nach dem MRI vermutete ich, dass wohl irgendetwas nicht gut war, da ich sofort in ein ungeplantes CT geschickt wurde. Die Ärztin zeigte mir nach dem CT ein Bild meines Kopfes. Auf diesem Bild war ein grosser Tumor im Kopf zu sehen. Eine Welt brach für mich zusammen. Mit solch einem schweren Befund hätten weder ich noch die Ärzte wirklich gerechnet. Mein Mann kam notfallmässig zu mir ins Spital. Gemäss der Bilder gingen die Ärzte davon aus, dass der Tumor mit grosser Wahrscheinlichkeit (zu 80-90%) gutartig sei. Der Tumor war ca. sieben Zentimeter lang und vier Zentimeter breit. Er war wirklich sehr gross und man konnte die Beule am Hinterkopf von aussen ertasten. Er war so gross, dass ich bereits zwei Jahre zuvor bei meiner Hausärztin war und ihr die Beule auf meinem Hinterkopf zeigte. Diese meinte dann nur, dass dies eine harmlose Fettgeschwulst (Lipom) sei. Nun ja, da war nun wirklich nichts von harmlos, sondern ein sehr ernstzunehmender Tumor. Die ganzen Jahre über hatte ich nie neurologische Ausfälle. Kurz vor der Diagnosestellung kollabierte ich zweimal bei der Arbeit. Die Ärzte meinten, dass wohl bald mehr neurologische Ausfälle gekommen wären.

Die Ärztin, welche das MRI angeordnet hatte, sagte im Nachhinein, dass sie dieses MRI einfach machen wollte, obschon sie ziemlich sicher gewesen sei, dass uns das nicht weiter bringen würde. Sie könne sich ihren Entschluss auch nicht genau erklären.

Doch für mich war es  ganz klar Führung, Gottes Führung. 

Mitte Oktober 2021 wurde ich dann operiert. Ich wusste nicht wann, wie und ob ich überhaupt je wieder zu meinem Ehemann und zu meinen Kindern zurückkehren würde. Der Tag der Operation war für mich der schlimmste Tag in meinem Leben. Ich musste mich von meinen Kindern und vor allem von meinem Mann verabschieden. Mein Mann und ich öffneten die Tür des Aufzugs etwa fünf mal wieder, wir konnten uns nicht voneinander lösen und wollten nicht Abschied nehmen. Die Vorstellung, dass es nicht gut gehen würde, war scheusslich. Vor der Operation hatte ich unser Familienlied im Kopf: «No other Name», von Hillsong. Dieses Lied begleitete mich in den Operationssaal. Die Operation dauerte ganze sieben Stunden. Danach wachte ich auf und mein Mann stand kurz danach neben mir. Total vollgepumpt mit Medikamenten und verwirrt im Kopf war ich doch bei klarem Bewusstsein. Ich fragte meinen Mann, ob er unserem Sohn die Cervelat für den morgigen Waldausflug im Kindergarten eingepackt habe. Matthias kamen die Tränen vor Freude, da er sofort bemerkt hatte, dass mein Gedächtnis nach der Operation noch voll funktionsfähig war. Ich probierte verschiedene Bewegungen aus, ich konnte alles bewegen und spüren. Ich war von dieser riesen Erleichterung, Dankbarkeit und Freude total «geflasht». Doch recht rasch bemerkte ich, dass es mir doch noch nicht so gut geht. Mir war immer noch extrem übel und ich fühlte mich schwindelig. Ich hatte Sensibilitätsausfälle auf meiner linken Seite. Mehrmals im Tag schlief mir die linke Seite ein, ich hatte Taubheitsgefühle. Die Ärzte verschrieben mir Medikamente gegen Epilepsie, da sie dies als Ursache für die Taubheit vermuteten.

Ich konnte teilweise kaum gehen. Ich brauchte viel Unterstützung und konnte zu Beginn nicht mal alleine aufs WC. Im Spital wurde es mir einmal so schwindelig, dass ich kollabierte und mit dem Kopf stark am Boden aufprallte. Zum Glück war nichts geschehen. Die Fachärzte schickten mich in die REHA nach Riggisberg. Dort musste ich insgesamt sechs Wochen bleiben. Für mich ist es ein riesen Wunder, dass uns viele unserer Freunde, die Familie wie auch die Kirche bei der Kinderbetreuung und im Alltag unterstützt haben. Diese grosse Hilfe und Unterstützung, das berührt mich noch heute immer wieder. In der REHA hatte ich viele verschiedene Therapien. Plötzlich, wie durch ein Wunder, verschwand mein Schwindel und ich konnte richtig therapiert werden. Nun bin ich seit ein paar Wochen wieder zu Hause. Es ist noch lange nicht alles gut. Ich habe immer noch schlechte Tage, jedoch bei weitem nicht mehr so viele. Ich bin immer noch geschwächt, das Immunsystem ist angeschlagen und die Epilepsiemedikamente vertrage ich nicht sonderlich gut, was das ganze zusätzlich belastet. Bis heute weiss ich oft am Morgen nicht, wie der Tag zu schaffen ist.

Gott aber gibt mir jeden Tag genau die nötige Kraft, die ich brauche.

Für mich ist es ein unglaubliches Geschenk, dass ich leben darf. Mein Kopf fühlt sich nach Jahren das erste mal anders, viel besser an. Ich lebe, und ich lebe trotz noch immer grossen Herausforderungen besser als jemals zuvor.

Das Gehirn brauche laut den Ärzten etwa ein bis eineinhalb Jahre, bis es sich nach der Operation vollständig erholt hat. Ich bin gespannt, was Gott noch alles tun wird!

Das Wunder ist gross, aber Gott ist noch nicht fertig!

Meine Überzeugung:

«NO OTHER NAME – GOTT IST DER EINZIGE, DER IMMER DA IST»

 

Redaktorin: Christine