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Mirjam

Meine Nerven liegen blank. Es ist Abend und eigentlich freue ich mich auf den Feierabend, die Zeit nur für mich allein, die für mich als Mama von vier kleinen Jungs rar ist. Doch vorher läuft es nochmals rund, wie so oft in meinem kunterbunten Leben. Mit diesem Blogbeitrag lasse ich euch teilhaben an meinem Mami-Alltag, in dem ich teilweise auch mal an meine Grenzen stosse und viel lerne, am allermeisten über mich selbst.

Meine Nerven sind bald am Ende. Mein Sohn hat in einem Wutanfall einen gewaltigen Sprung in unserer Badewanne gemacht (die heute besonders hoch gefüllt ist) und ein grosser Schwall Badewasser ergiesst sich über unseren Badezimmerboden. Mein Sohn weiss genau, dass er in der Badewanne nicht spritzen darf. Das ist etwas für draussen. Eigentlich habe ich mit genau diesem Sohn abgemacht, dass er heute, nachdem alle Geschwister aus der Badewanne raus sind, noch alleine baden darf. Doch dieser Regelbruch ist einer zu viel. Ich entscheide mich, was ich in dieser Situation tun will und teile ihm mit, dass er nach dieser Flut am Boden rauskommen soll, den Boden putzen muss und heute auch nicht mehr alleine baden darf. Es tut mir selbst weh, dies so zu entscheiden. Ich weiss, dass es ihm viel bedeutet hätte. Dennoch habe ich ihm heute schon mehrere Verwarnungen gegeben und entscheide mich, konsequent zu sein. Jetzt geht das Geschrei erst richtig los. Mein Sohn trotzt weiter und noch intensiver. Ich bringe ihn in sein Zimmer. Dort schmeisst er mit Dingen um sich. Ich gebe ihm ein Stofftier, welches er umher schmeissen darf, weil es nichts kaputt macht.

 

Ich brauche Luft. Ich fühle mich ausgelaugt, müde und kaputt.

 

Mein Sohn lässt seiner Wut freien Lauf. Ich gehe kurz raus. Ich brauche Luft. Ich fühle mich ausgelaugt, müde und kaputt. Es ist kurz vor der Schlafenszeit der Kinder und oft drehen dann nochmals alle auf. Und wenn ein Kind so auf Hochtouren ist wie jetzt das wütende Kind im Zimmer hinter mir, dauert es lange, bis das hitzige Gemüt wieder beruhigt ist. Ich seufze. Ich denke an das gute Buch, an dem ich heute, wenn alle im Bett sind, weiterlesen möchte, den Tee dazu, die Kuscheldecke… Klingt gemütlich, muss jetzt aber wohl noch eine Weile warten. Ich gehe nochmals ins Badezimmer und putze den Boden nach. Ich höre das Kind einen Stock höher noch immer wüten. Da kommt mir ein Gedanke. Vor Kurzem hat mir jemand den Rat gegeben, in einer solchen Situation, wenn die Nerven blank liegen, jeweils auf zehn zu zählen. So kann ich mich selbst beruhigen und kurz überlegen, wie ich jetzt reagieren will, um nicht anschliessend etwas zu bereuen.

 

Heute bete ich. Ich rede laut mit Jesus, während ich den Boden aufwische.

 

Damals habe ich gedacht: Das ist eine super Idee. Und in Gedanken habe ich für mich hinzugefügt: Ich könnte ja auch statt zu zählen kurz beten und Jesus um Hilfe bitten. Bisher habe ich jedoch nur gezählt, und es hat tatsächlich geholfen und mich ruhiger gemacht. Heute bete ich. Ich rede laut mit Jesus, während ich den Boden aufwische. Ich bitte ihn um Hilfe, dass ich diese Situation jetzt gut lösen kann. Ich sage ihm, dass ich k.o. bin und doch nur mein gutes Buch lesen will. Ich bitte ihn um Weisheit im Umgang mit meinem Sohn und bitte ihn, dass er jetzt Frieden in die Situation bringt. Dann gehe ich zurück zu dem noch immer wütenden Kind. Ich weiss nicht mehr genau, was ich gesagt oder getan habe. Ich weiss nur, dass ich mich innerlich ruhig gefühlt habe und dass ich meinen Sohn vorsichtig gestreichelt habe. Diese sanfte Berührung sollte eine Anfrage ohne Worte von mir sein: „Bist du bereit, dich trösten zu lassen?“ Mein Kind verstand die Anfrage genau und etwas in ihm löste sich. Er kam wie ein Kätzchen auf meinen Schoss, klammerte sich ganz fest an mich. Wir haben uns einige Zeit einfach nur umarmt. Mein Sohn konnte weinen, der Enttäuschung und dem Frust Raum geben und ich habe versucht, ihn ohne Worte, durch Streicheln seines Rückens, zu beruhigen.

 

Er kam wie ein Kätzchen auf meinen Schoss, klammerte sich ganz fest an mich.

 

Darauf sagt mein Sohn von sich aus: „Es tut mir leid, Mami.“ Wenn ein Kind dies von sich aus sagt, berührt das mein Herz jedes Mal. Und ich entgegne: „Ich vergebe dir. Ich habe dich lieb!“ Der Frieden zwischen uns ist wieder da. Er macht mir auch noch ein kindliches Liebesgeständnis. Nach heftigem Sturm (mit echten Wellen und Überschwemmung) sind da wieder Friede und Versöhnung. So schnell haben wir selten einen Konflikt gelöst und ich danke Jesus in meinem Herzen. Ich staune. Er hat mein Gebet erhört und meine Erwartungen übertroffen. Ich frage mich, weshalb ich bis jetzt nur gezählt und nicht gebetet habe und entscheide mich, in Zukunft öfters zu beten. Die Kraft des Gebets und die Realität von meinem Freund Jesus werden mir neu bewusst. Es berührt mich, dass er mitten in meinem Alltag ist und mir in meinen grossen und kleinen Kämpfen zur Seite steht. Der weitere Abend verläuft ohne Konflikte, und als die Kinder im Bett sind, geniesse ich endlich mein gutes Buch mit warmem Tee und Kuscheldecke.